Laaspherhütte
Befindet sich das heutige Roths-Haus auf der Laaspherhütte 8 auf historischem Boden ?
Von Fritz Weber und Dr. Fritz Walter Dörr
(Fassung vom 05.02.2009)
Von Fritz Weber und Dr. Fritz Walter Dörr
(Fassung vom 05.02.2009)
1.) Einleitung
Seit einigen hundert Jahren wird in unserer Familie die Überlieferung von Generation zu Generation weitergetragen, dass auf dem Grund und Boden des heutigen Roths-Hauses früher das Verwaltungsgebäude bzw. ein Wohnhaus der ersten Hüttenschmiede auf der Laaspherhütte gestanden hat. In diesem Wohnhaus soll sich auch irgendwann mal eine Gaststätte befunden haben, in der es gelegentlich hoch herging. Einmal soll sich eine Zigeunerin so in Ekstase getanzt haben, dass sie tot umfiel.
Wir wollen herausfinden, ob sich diese Überlieferungen verifizieren lassen.
Wir wollen herausfinden, ob sich diese Überlieferungen verifizieren lassen.
2.) Die Historie der „Hotte für dem Breidenbach“ bzw. der „Hütte auf der Laaspherhütte“
Dass auf der Laaspherhütte in früherer Zeit Eisenerze verhüttet wurden, ist unbestritten. Es gibt dazu archäologische Beweise. So fand man vor einigen Jahren gegenüber dem heutigen Roths-Haus auf der anderen Straßenseite beim Ausschachten einer Jauchegrube vor dem Stall Reste eines Schmelzofens. Im Ersten Weltkrieg stieß man auf Schlacken, die noch so werthaltig waren, dass man sie auf der Friedrichshütte erneut verhütten konnte. Sie enthielten bis zu 75% nicht geschmolzenes Eisenerz (Anm. 1). Beim Bau der Fabrikanlage der heutigen Firma Weber & Dörr GmbH kam ein Untergraben des alten Hüttenweihers zum Vorschein; natürlich hatte man damals auch Wasserkraft eingesetzt (Anm. 2). Um 1572 wurden die Saalbücher eingeführt, also die ersten Verzeichnisse von Lehnsgrundstücken. Dort ist für die Laaspherhütte z.B. die Rede von „ein halben Garten zwischen dem Synderhaufen und dem Hüttengraben gelegen“. Mit „Sinterhaufen“ bezeichnet man einen Berg von Schlacken, also Reste der Erzverwertung. Später gibt es Aufzeichnungen von Zahlungen wie „Hüttenzins“. In den Kirchenbüchern finden sich natürlich auch Hinweise. So heiratete die Anna Elisabeth (1608 – 1671), Tochter des Hüttenschmiedes Anton Wunderlich (um 1558 – 1640) von der Laaspherhütte zu Jucundi 1629 (d.h. 31.05.1629) einen Johan uff der Pfütze aus Banfe, der sich später übrigens Dörr nannte. Eine Reihe von Hüttenschmieden sind bekannt z.B. Dobener, Meckeln, Stenger, Martin etc..
Viel schwieriger gestaltet sich die Ermittlung des Zeitpunktes, an dem die Verhüttung begonnen wurde. Dokumentarische Unterlagen dazu kennen wir nicht. Gewisse Veröffentlichungen, nach denen die Verhüttung in 1450 begann, wurden von Hartnack in einer „Festschrift 500 Jahre Friedrichshütte“ von 1954 (Seite 10) widerlegt; die herangezogenen Belehnungsunterlagen betreffen eindeutig die Friedrichshütte. Der älteste Hinweis, den wir kennen, ist das Einwohnerverzeichnis der Stadt Laasphe, das mit der „Thuerkyssche Schattzunge Anno 32“ (d.h. 1532) erstellt worden war und welches eher zufällig in Berleburger Akten gefunden wurde (Anm. 3). Neben den Namen von 94 Bürgern aus Laasphe werden ausdrücklich und gesondert zwei Namen von der Laaspherhütte ausgewiesen. Dies sind „Herman Nickeln“ und „Hans Nickel“. Es heißt, sie sollen Brüder und ursprünglich Fuhrleute gewesen sein, die Eisenerze aus dem Dillenburger Raum zu den Hütten wie Friedrichshütte transportierten und dann eine eigene Eisenschmelze, nämlich die auf der Laaspherhütte, aufmachten. Bemerkenswert ist vor allem, dass dabei ausdrücklich vermerkt wird „Hotte für dem Breidenbach“. Später ist nur noch von der Laaspherhütte die Rede.
Viel schwieriger gestaltet sich die Ermittlung des Zeitpunktes, an dem die Verhüttung begonnen wurde. Dokumentarische Unterlagen dazu kennen wir nicht. Gewisse Veröffentlichungen, nach denen die Verhüttung in 1450 begann, wurden von Hartnack in einer „Festschrift 500 Jahre Friedrichshütte“ von 1954 (Seite 10) widerlegt; die herangezogenen Belehnungsunterlagen betreffen eindeutig die Friedrichshütte. Der älteste Hinweis, den wir kennen, ist das Einwohnerverzeichnis der Stadt Laasphe, das mit der „Thuerkyssche Schattzunge Anno 32“ (d.h. 1532) erstellt worden war und welches eher zufällig in Berleburger Akten gefunden wurde (Anm. 3). Neben den Namen von 94 Bürgern aus Laasphe werden ausdrücklich und gesondert zwei Namen von der Laaspherhütte ausgewiesen. Dies sind „Herman Nickeln“ und „Hans Nickel“. Es heißt, sie sollen Brüder und ursprünglich Fuhrleute gewesen sein, die Eisenerze aus dem Dillenburger Raum zu den Hütten wie Friedrichshütte transportierten und dann eine eigene Eisenschmelze, nämlich die auf der Laaspherhütte, aufmachten. Bemerkenswert ist vor allem, dass dabei ausdrücklich vermerkt wird „Hotte für dem Breidenbach“. Später ist nur noch von der Laaspherhütte die Rede.
3.) Das Roths-Haus auf der Laaspherhütte – heute und gestern
Das Roths-Haus befindet sich auf der Laaspherhütte, einem zu Bad Laasphe gehörendem Dorf, an der Landstrasse von Bad Laasphe über Banfe nach Dillenburg und liegt als Eckgrundstück an der vom Friedhof kommenden Gasse. Letztere war die einzige Verbindung nach Bad Laasphe, bevor in 1863/5 die heutige Strasse gebaut wurde. Das Roths-Haus, so wie es heute steht, wurde 1842 errichtet, nachdem man das Vorgängerhaus abgerissen hatte. Grosse Veränderungen wurden seit dem nicht vorgenommen, aber der Schweinestall und der Kuhstall verschwanden. Ebenso wurde die 1842 von anderer Stelle hierhin umgesetzte viel ältere Scheune neuerdings in eine Garage umfunktioniert. In den letzten Jahren erneuerte man die Fassade des ursprünglichen Fachwerkgebäudes mit einer ansprechenden Schieferdecke; kunstvoll eingefügte Motive eines Dreschflegels und eines Bienenkorbes künden von der bäuerlichen Vergangenheit des Hauses.
Vor einigen Jahren stieß man beim Bau einer Außengarage auf massive Mauerreste, die nicht zu beseitigen waren. Sie stellten sich als Fundamente eines früheren Hauses heraus. Schon in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts fand man beim Abriss des Schweinestalles Grundmauern, die ebenfalls als Grundmauern eines früheren Gebäudes zu deuten sind, und zwar lassen diese erkennen, dass bei einem früheren Haus der Giebel zur Gasse hin ausgerichtet war und auch hier der Hauseingang lag. Die gefundenen Fundamente liegen relativ weit auseinander und lassen den Schluss zu, dass nicht nur ein Vorgängerhaus in Betracht kommt, sondern möglicherweise auch nacheinander ein oder zwei weitere.
Von besonderer Bedeutung ist für unsere Belange, dass sich im heutigen Roths-Haus nach den Aussagen unserer Vorfahren seit urdenklichen Zeiten bis zur Einführung einer allgemeinen Dorfwasserleitung im Jahre 1906 ein tiefer Brunnen befand. Dieser stand mitten in der Küche und war so ergiebig, dass das Wasser auch in trockenen Zeiten nie versiegte. Er wurde anschließend zugeschüttet. Wenn man die erwähnten früheren Fundamente einbezieht, muss dieser Brunnen auch bei früheren Häusern stets unter Dach gelegen haben oder jedenfalls aber in unmittelbarer Nähe.
Vor einigen Jahren stieß man beim Bau einer Außengarage auf massive Mauerreste, die nicht zu beseitigen waren. Sie stellten sich als Fundamente eines früheren Hauses heraus. Schon in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts fand man beim Abriss des Schweinestalles Grundmauern, die ebenfalls als Grundmauern eines früheren Gebäudes zu deuten sind, und zwar lassen diese erkennen, dass bei einem früheren Haus der Giebel zur Gasse hin ausgerichtet war und auch hier der Hauseingang lag. Die gefundenen Fundamente liegen relativ weit auseinander und lassen den Schluss zu, dass nicht nur ein Vorgängerhaus in Betracht kommt, sondern möglicherweise auch nacheinander ein oder zwei weitere.
Von besonderer Bedeutung ist für unsere Belange, dass sich im heutigen Roths-Haus nach den Aussagen unserer Vorfahren seit urdenklichen Zeiten bis zur Einführung einer allgemeinen Dorfwasserleitung im Jahre 1906 ein tiefer Brunnen befand. Dieser stand mitten in der Küche und war so ergiebig, dass das Wasser auch in trockenen Zeiten nie versiegte. Er wurde anschließend zugeschüttet. Wenn man die erwähnten früheren Fundamente einbezieht, muss dieser Brunnen auch bei früheren Häusern stets unter Dach gelegen haben oder jedenfalls aber in unmittelbarer Nähe.
4.) Die Wasserversorgung als Hinweis
Gehen wir also davon aus, dass Herman Nickeln und Hans Nickel die ersten Hüttenschmiede auf der „Hotte für dem Breidenbach“ waren. Vielleicht liegt der Zeitpunkt für den Beginn der Verhüttung auch noch etwas früher. Sie nennen diese Hütte die „Hotte für dem Breidenbach“. Das ist geografisch natürlich richtig, weil die eigentliche Hütte von Laasphe aus gesehen vor dem Breidenbach, einem kleinen Bach am heutigen Ende des Dorfes, lag. Aber man fragt sich, warum haben sie dann den Betrieb nicht auch dort direkt am Breidenbach aufgenommen sondern im Bereich der heutigen Gasse? Die Antwort ist relativ leicht. Sie benötigten natürlich beständiges und reichlich Wasser. Dieses aber fanden sie nur an der heutigen Gasse. Aus dem Bereich des „Heckelchen“ unterhalb des heutigen Festplatzes ergoss sich damals ein starkes Oberflächenwasser, das zunächst in zwei Armen, später vereinigt, talwärts zur Banfe hin sich ergoss, und zwar im Bereich der heutigen Gasse. Dies zeigt noch heute die Forstkarte von 1739. Am Ende befand sich dann noch ein Hüttenweiher. Für den Betrieb der Hütte stand also hier hinreichend Wasser zur Verfügung.
Es ist nun folgerichtig, dass die ersten Hüttenschmiede ihre Wohnstätten in der Nähe des Betriebes errichteten. Dies war am sinnvollsten gegenüber des gefundenen Schmelzofens, also an der Stelle des heutigen Roths-Hauses. Wichtig war, dass dort die Versorgung mit Trinkwasser auch für Zeiten von Dürre, Frost und Brandgefahr sichergestellt wurde. Dazu musste in der Regel ein Brunnen gebohrt werden. Nun befand sich nach den Aussagen unserer Vorfahren seit jeher bis etwa 1906 im heutigen Roths-Haus ein tiefer Brunnen, von dem wir bereits berichtet haben.. Soweit bekannt, gab es noch einen weiteren Brunnen etwas oberhalb auch an der Gasse, bei einem Haus, das 1910 abbrannte und nicht wieder aufgebaut wurde. Es drängt sich geradezu die Version auf, dass genau an diesen beiden Stellen die beiden ersten Hüttenschmiede ihre Häuser hatten. Andere Brunnen gab es nicht, auch nicht später.
Lediglich am weiter abgelegenen Grünseifen fanden sich immer schon wasserhaltige Wiesen mit etwas Quellwasser, das aber nur bedingt zur ständigen Wasserversorgung herangezogen werden konnte. Das galt auch für etwas Quellwasser an der Hobestatt. Wo also sollten die ersten Bewohner der Laaspherhütte ihr Wasser sonst bezogen haben? Da das Wohnhaus auf dem Grundstück des heutigen Roths-Hauses am nächsten zur Betriebsstätte lag, kann man mit Sicherheit annehmen, dass dort auch das „Verwaltungsgebäude“ des Hüttenbetriebs lag. Man wird sich dabei natürlich kein großes Gebäude vorstellen können. Die Häuser waren damals alle sehr klein. So mag dann vielleicht ein einzelner Raum für diese Zwecke zur Verfügung gestanden haben. Es bleibt dabei, an keiner anderen Stelle als der des heutigen Roths-Hauses kann die Keimzelle der Laaspherhütte gestanden haben.
Um die Versorgung mit Wasser in der Zeit nach der Hüttentätigkeit bis zur Einrichtung einer allgemeinen Wasserleitung in 1906 zu beleuchten, erwähnen wir, dass das Trinkwasser von der Bevölkerung am „Kump“ geholt wurde, es sei denn, man hatte einen Brunnen (Anm. 4). Der „Kump“ – ein Wasserbehälter – lag am Ende der Gasse und wurde vom Wasser aus dem bereits erwähnten „Heckelchen“ gespeist, das jetzt unterirdisch unter der Gasse lief und hier austrat. Oberirdisch lief noch etwas Wasser aus dem „Backhausbörnchen“ teilweise die Gasse hinunter. Unsere Vorfahren berichteten, sie hätten abends und nachts das Wasser in der Gasse so gern rauschen gehört, sie schliefen ja an der Giebelseite des Hauses Laaspherhütte 8.
Es ist nun folgerichtig, dass die ersten Hüttenschmiede ihre Wohnstätten in der Nähe des Betriebes errichteten. Dies war am sinnvollsten gegenüber des gefundenen Schmelzofens, also an der Stelle des heutigen Roths-Hauses. Wichtig war, dass dort die Versorgung mit Trinkwasser auch für Zeiten von Dürre, Frost und Brandgefahr sichergestellt wurde. Dazu musste in der Regel ein Brunnen gebohrt werden. Nun befand sich nach den Aussagen unserer Vorfahren seit jeher bis etwa 1906 im heutigen Roths-Haus ein tiefer Brunnen, von dem wir bereits berichtet haben.. Soweit bekannt, gab es noch einen weiteren Brunnen etwas oberhalb auch an der Gasse, bei einem Haus, das 1910 abbrannte und nicht wieder aufgebaut wurde. Es drängt sich geradezu die Version auf, dass genau an diesen beiden Stellen die beiden ersten Hüttenschmiede ihre Häuser hatten. Andere Brunnen gab es nicht, auch nicht später.
Lediglich am weiter abgelegenen Grünseifen fanden sich immer schon wasserhaltige Wiesen mit etwas Quellwasser, das aber nur bedingt zur ständigen Wasserversorgung herangezogen werden konnte. Das galt auch für etwas Quellwasser an der Hobestatt. Wo also sollten die ersten Bewohner der Laaspherhütte ihr Wasser sonst bezogen haben? Da das Wohnhaus auf dem Grundstück des heutigen Roths-Hauses am nächsten zur Betriebsstätte lag, kann man mit Sicherheit annehmen, dass dort auch das „Verwaltungsgebäude“ des Hüttenbetriebs lag. Man wird sich dabei natürlich kein großes Gebäude vorstellen können. Die Häuser waren damals alle sehr klein. So mag dann vielleicht ein einzelner Raum für diese Zwecke zur Verfügung gestanden haben. Es bleibt dabei, an keiner anderen Stelle als der des heutigen Roths-Hauses kann die Keimzelle der Laaspherhütte gestanden haben.
Um die Versorgung mit Wasser in der Zeit nach der Hüttentätigkeit bis zur Einrichtung einer allgemeinen Wasserleitung in 1906 zu beleuchten, erwähnen wir, dass das Trinkwasser von der Bevölkerung am „Kump“ geholt wurde, es sei denn, man hatte einen Brunnen (Anm. 4). Der „Kump“ – ein Wasserbehälter – lag am Ende der Gasse und wurde vom Wasser aus dem bereits erwähnten „Heckelchen“ gespeist, das jetzt unterirdisch unter der Gasse lief und hier austrat. Oberirdisch lief noch etwas Wasser aus dem „Backhausbörnchen“ teilweise die Gasse hinunter. Unsere Vorfahren berichteten, sie hätten abends und nachts das Wasser in der Gasse so gern rauschen gehört, sie schliefen ja an der Giebelseite des Hauses Laaspherhütte 8.
5.) Die Gaststätte
Wenden wir uns nun der erwähnten Gaststätte zu. Gab es sie wirklich, wo befand sie sich und ging es dort hoch her?
Hier kommt uns zu Hilfe, das es bei den Bußgeld-Protokollen in den alten Akten in Laasphe zwei Vermerke gibt, die unsere Aufmerksamkeit erregen (Anm. 5). Dort wird für das Jahr 1624 berichtet, dass ein gewisser Valerius Reichmann (geb. 1596) – übrigens ein Vorfahr in unserer Familie – in Johann Nickels Haus „allermeist Wein trinken helfen und seinem Weib also die Pest in das Haus gebracht“ hat. Dafür wird er mit 2 Gulden Strafe belegt. Später wird er noch einmal zitiert, weil er „seine Hausfrau trostlos und allein liegen lassen, aus dem Haus und von ihr gegangen in Johann Nickels Haus , allda er Johann Wehns Tochter des leidigen Geizes halber mit dem Stuhl ein Loch in den Kopf geschlagen“ hat. Er muss jetzt 5 Gulden Strafe zahlen, „weil kein Ermahnen und Strafen helfen wollte“.
Wo aber stand nun das „Johann Nickel Haus“? Um 1572 wurde in Wittgenstein – wie bereits erwähnt – mit der Einführung der Saalbücher begonnen., also den Verzeichnissen der Lehnsgrundstücke. Für Laaspherhütte wird ein Johann Nickel als erster Hausbesitzer eines bestimmten Hauses ausgewiesen, und damit wird er offensichtlich der Namensgeber dieses Hauses für die Folgezeit (Anm. 6). Diese Namensfortführung entspricht übrigens heute noch dem Brauch auf der Laaspherhütte. Es gibt zwar noch zwei andere Bürger mit dem Namen Nickel bei diesen Saalbüchern auf der Laaspherhütte, aber jedenfalls mit anderen Vornamen. All diese Mitglieder der Familie Nickel sind natürlich Nachfahren der beiden ersten Hüttenschmiede von 1532. Damit steht fest, dass das Johann Nickel Haus nur auf der Laaspherhütte stand, nicht etwa in Laasphe. Johann Nickel selbst war übrigens bereits 1589 verstorben und „zur erden bestattet worden ... uff der Hütten“.
Wo auf der Laaspherhütte stand nun aber dieses Johann Nickel Haus? Hier kommen wir zu der gleichen Schlussfolgerung wie bei der Ermittlung des Verwaltungsgebäudes der ersten Hüttenschmiede. Wo könnte diese Gaststätte geografisch besser gelegen haben als an der Stelle der Gasse, wo diese als damalig einzige Verkehrsstrasse ihren Weg nach oben nahm? Also die Stelle, an der sich heute das Roths-Haus befindet. Hier war ein Brunnen zur Versorgung von Menschen und Pferden mit Wasser bei durchziehenden Erztransporten. Dass noch eine zweite Gaststätte dort gewesen sein könnte, kann ausgeschlossen werden. Um diese Zeit gab es dort nur fünf Häuser.
Wir kommen damit zu dem Ergebnis, dass jedenfalls um 1624 auf dem Grundstück des heutigen Roths-Hauses sehr wohl ein Schankbetrieb bestanden hat und es wohl auch dort den einen oder anderen Exzess gegeben hat. Damit gewinnt auch die Story von der sich in Ekstase tanzenden Zigeunerin eindeutig an Glaubwürdigkeit.
Hier kommt uns zu Hilfe, das es bei den Bußgeld-Protokollen in den alten Akten in Laasphe zwei Vermerke gibt, die unsere Aufmerksamkeit erregen (Anm. 5). Dort wird für das Jahr 1624 berichtet, dass ein gewisser Valerius Reichmann (geb. 1596) – übrigens ein Vorfahr in unserer Familie – in Johann Nickels Haus „allermeist Wein trinken helfen und seinem Weib also die Pest in das Haus gebracht“ hat. Dafür wird er mit 2 Gulden Strafe belegt. Später wird er noch einmal zitiert, weil er „seine Hausfrau trostlos und allein liegen lassen, aus dem Haus und von ihr gegangen in Johann Nickels Haus , allda er Johann Wehns Tochter des leidigen Geizes halber mit dem Stuhl ein Loch in den Kopf geschlagen“ hat. Er muss jetzt 5 Gulden Strafe zahlen, „weil kein Ermahnen und Strafen helfen wollte“.
Wo aber stand nun das „Johann Nickel Haus“? Um 1572 wurde in Wittgenstein – wie bereits erwähnt – mit der Einführung der Saalbücher begonnen., also den Verzeichnissen der Lehnsgrundstücke. Für Laaspherhütte wird ein Johann Nickel als erster Hausbesitzer eines bestimmten Hauses ausgewiesen, und damit wird er offensichtlich der Namensgeber dieses Hauses für die Folgezeit (Anm. 6). Diese Namensfortführung entspricht übrigens heute noch dem Brauch auf der Laaspherhütte. Es gibt zwar noch zwei andere Bürger mit dem Namen Nickel bei diesen Saalbüchern auf der Laaspherhütte, aber jedenfalls mit anderen Vornamen. All diese Mitglieder der Familie Nickel sind natürlich Nachfahren der beiden ersten Hüttenschmiede von 1532. Damit steht fest, dass das Johann Nickel Haus nur auf der Laaspherhütte stand, nicht etwa in Laasphe. Johann Nickel selbst war übrigens bereits 1589 verstorben und „zur erden bestattet worden ... uff der Hütten“.
Wo auf der Laaspherhütte stand nun aber dieses Johann Nickel Haus? Hier kommen wir zu der gleichen Schlussfolgerung wie bei der Ermittlung des Verwaltungsgebäudes der ersten Hüttenschmiede. Wo könnte diese Gaststätte geografisch besser gelegen haben als an der Stelle der Gasse, wo diese als damalig einzige Verkehrsstrasse ihren Weg nach oben nahm? Also die Stelle, an der sich heute das Roths-Haus befindet. Hier war ein Brunnen zur Versorgung von Menschen und Pferden mit Wasser bei durchziehenden Erztransporten. Dass noch eine zweite Gaststätte dort gewesen sein könnte, kann ausgeschlossen werden. Um diese Zeit gab es dort nur fünf Häuser.
Wir kommen damit zu dem Ergebnis, dass jedenfalls um 1624 auf dem Grundstück des heutigen Roths-Hauses sehr wohl ein Schankbetrieb bestanden hat und es wohl auch dort den einen oder anderen Exzess gegeben hat. Damit gewinnt auch die Story von der sich in Ekstase tanzenden Zigeunerin eindeutig an Glaubwürdigkeit.
6.) Von den Reichmanns zu den Roths
An dieser Stelle wollen wir noch kurz festhalten, wie das heutige Roths-Haus zu seinem Namen gekommen ist. Es fing mit dem oben bereits erwähnten Valerius Reichmann an, welcher in diesem Zusammenhang der erste von unseren direkten Vorfahren ist. Im Einwohnerverzeichnis von 1634 wird er als Bürger in Laasphe aufgeführt. Es folgen dann aber drei Reichmann-Generationen, die alle irgendwie auf der Laaspherhütte lebten. Der Urenkel des Valerius Reichmann mit Namen Johann Henrich Reichmann (1698 – 1757), der nachweislich auf dem Grund und Boden an der Stelle des heutigen Roths-Hauses wohnte und der auch der Erbauer der eingangs erwähnten Scheune ist, nahm mit Heiratsvertrag vom 26.06.1746 den aus Niederlaasphe stammenden Johann Jost Roth als Schwiegersohn auf „in Haus und Hof, Scheuer und Schoppen“. Nun wird aus dem Haus das „Roths-Haus“. Aus der ganzen Zeit verfügen wir über eine Reihe von Originalurkunden, die in unserem Familienarchiv liegen. Die älteste Urkunde stammt aus dem Jahr 1678. Es folgen drei weitere Roths-Generationen, und die Reihe endet mit dem letzten Namensträger Adolf Roth (1854 – 1933), dem Großvater der Verfasser.
7.) Schluss
Wir haben diese Abhandlung über die Laaspherhütte natürlich in erster Linie für unsere Nachkommen und in der Absicht verfasst, dass die Geschehnisse und Zusammenhänge aus der früheren Zeit nicht verloren gehen. Vielleicht aber ist diese Erzählung auch für Außenstehende nicht ganz uninteressant, worüber wir uns sehr freuen würden.
8.) Anmerkungen
1.) Fritz Schreiber in „Heimatbuch Banfetal“, 1987, S. 182 – 184
2.) Siehe 1.)
3.) Naumann in „Wittgenstein“ 1/1971
4.) Fritz Schreiber in „Geschichten aus Wittgenstein“, 1996, S. 126 u. 128, sowie in „Heimatbuch Banfetal“, 1987, S. 191
5.) „Wittgenstein“, Heft 2, Juni 2000, Seite 60
6.) Wied in „Heimatbuch Wittgenstein“, 1987, S. 123
Anhang
(Fassung vom 05.02.2009)
Bei den Recherchen zur Historie des Roths-Hauses auf der Laaspherhütte 8 sind wir auf Begebenheiten gestoßen, die zwar direkt nichts mit unserem Thema zu tun haben, die aber doch so interessant sind, dass wir sie in diesem Anhang aufschreiben wollen. Es handelt sich um die Familie Reichmann, als sie noch in Laasphe wohnte und bevor Mitglieder dieser Familie, die ja zu unseren Vorfahren zählt, auf die Laaspherhütte kamen. (Im Jahr 1746 heiratete bekanntlich der erste Roth, nämlich Johann Jost Roth aus Niederlaasphe, in die Familie Reichmann auf der Laaspherhütte ein, womit dann die Ära des Roths-Hauses unter diesem Namen begann.)
Alles fing mit einem gewissen Wilhelm Reichmann an. Dieser ist als Stammvater der Reichmanns in Laasphe anzusehen. Am 21.03.1588 wollte er, von Frohnhausen bei Dillenburg kommend, nach Laasphe heiraten, und zwar eine gewisse Lucia Rodigk. Das war damals nicht so einfach. Es bestanden ja noch das Lehnswesen und die Leibeigenschaft. Aber es gelang ihm, aus der Leibeigenschaft entlassen zu werden.
Nun fragt man sich, was ihn bewogen haben mag, ausgerechnet nach Laasphe zu heiraten. Von Dillenburg nach Laasphe zu reisen war damals wohl eine Tagestour. Man mag vermuten, dass er seine Laaspher Braut wohl nicht allzu lange vorher gekannt hat und die Eltern jeweilig ein wenig nachgeholfen haben, wie es früher üblich war. Der Name „Reichmann“ lässt an sich aber aufmerken, deutet er doch darauf hin, dass die Familie nicht unbedingt aus ärmlichen Verhältnissen kam. (Auf der Laaspherhütte mutiert später der Name zu Richmann; dort gibt es heute noch ein „Richmanns-Haus“.) Man wird den Gedanken nicht los, dass es hierbei um den Grundsatz ging, dass sich Geld vom Geld angezogen fühlt.
Und damit kommen wir zum Schwiegervater des Wilhelm Reichmann mit dem Namen Valerius Rodigk. Offensichtlich war er – zumindest zunächst – ein angesehener Bürger. Aber auch angesehene Bürger können aktenkundig werden. Einmal – nämlich 1624 – musste er zehn Gulden und ein anderes Mal fünf Gulden Strafe zahlen, weil er – offensichtlich an der Beulenpest erkrankt – gegen die Hygiene-Vorschriften verstoßen hatte (Anm. 1). Bald darauf starb er. Geld aber war trotzdem vorhanden. Die Erben erhielten im folgenden Jahr nach der „Kellereirechnung“ (Anm. 2) bereits schon einmal fünf Gulden und zehn Alb Zinsen aus einem Kapital von 100 Gulden. Das Einwohnerverzeichnis vom 23.10.1634 führt ihn nicht mehr auf, sondern eine „Valary Rodigs Wittib“. Natürlich hatte er zuvor als wohlhabender Bürger ein Haus, das dann von der Witwe wohl weitergeführt wurde. Von seinen Kindern kennen wir eigentlich nur die Tochter Lucia, die unser Wilhelm Reichmann sich als Braut ausgewählt hatte. Nun bringt das Einwohnerverzeichnis von 1634 noch den Namen „Doctorin“. Nach Karl Hartnack ist diese wahrscheinlich die Witwe des ehemaligen geistlichen Inspektors Dr. Paul Crocius zu Laasphe. Sie hieß Sara, geb. Rodigk. Vermutlich war sie eine Schwester des Valerius Rodigk. Die Sippe derer von Rodigk ist offensichtlich von einiger Bedeutung in Laasphe gewesen.
Kommen wir nun noch einmal auf Wilhelm Reichmann zurück. Er war wohl Sattler von Beruf. Die Daten dazu sind spärlich. Obwohl die Kirchenbücher bereits 1583 in Laasphe eingeführt waren, liegt hierüber wenig vor. Es ist ja dann auch die Zeit des 30-jährigen Krieges (1618 – 1648) und eben auch die Zeit, in der in Laasphe die Pest grassierte, besonders 1623/4 und 1635/6. Seine Frau ist also die Lucia, geb. Rodigk. Wann sie geheiratet haben, wissen wir nicht. Jedenfalls haben sie einen Sohn, der auf den Namen Valerius getauft wird, und zwar am 25.09.1596. Dieses Datum ist merkwürdigerweise bekannt. Bei diesem Namen – ein römischer Kaiser hieß einmal so -, über den wir uns schon immer gewundert hatten, dürfte natürlich der Großvater Valerius Rodigk eine entscheidende Rolle gespielt haben. Nun wissen wir aus dem Strafregister, dass Wilhelm Reichmanns Witwe in 1624 mit einer Strafe von fünf Gulden belegt wurde, weil auch sie gegen die Vorschriften bei der Bekämpfung der Pest verstoßen hatte. Sie hatte nämlich eine erkrankte Tochter zusammen mit einer gesunden „auf den Karren“ gesetzt und letztere wieder zurück in die Stadt geschickt (Anm. 1). Also hatte Valerius Reichmann noch zwei Schwestern gehabt, und Wilhelm Reichmann war vorher verstorben, also vor 1624. Nun gibt es aber auch noch eine Meldung (Anm. 3), wonach ein gewisser Wilhelm Reichmann aus Laasphe im Jahre 1609 in das „Pädagogium“ (eine Art „Gymnasium“) in Herborn eingetreten ist. Dieses war der Universität Marburg angeschlossen. Für 1615 heißt es, er habe sich bei der Universität – offensichtlich Marburg – als Student eingeschrieben. Nach Lage der Dinge kann er nur ein weiterer Sohn des Stammvaters Wilhelm Reichmann gewesen sein. Mit 16 Jahren konnte man damals studieren, also war er vermutlich um 1600 geboren. Wenn man um diese Zeit studieren wollte, musste man normalerweise aus einer vermögenden Familie stammen. Jedenfalls hatte Valerius Reichmann, um den es geht, außer den beiden Schwestern auch noch mindestens einen Bruder. (Es werden übrigens auch noch mindestens zwei „Sprösslinge“ der Familie Rodigk aus dieser Zeit auf dem Pädagogium bzw. der Universität registriert.)
Lucia Reichmann, geb. Rodigk hatte ein schweres Leben. Im Jahre 1609 wurde sie beschuldigt ein Hexe zu sein. Es kommt zu einem Hexenprozess vor dem „Halsgericht“ in Laasphe. Eine andere Hexe hatte sie unter der Folter als Mittäterin angegeben (Anm. 4, 5 und 6). Lediglich aufgrund eines Gutachtens des hochgeachteten Professors und Advokaten Hermann Vultejus aus Marburg wurde sie freigelassen. (Die erwähnte „Hexe“ wurde übrigens zum Tode verurteilt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Und so etwas geschah noch 1609 in Laasphe und im seit 1555 evangelischen Wittgenstein!) Lucia Reichmann ist wohl jedenfalls vor 1634 verstorben, denn im Einwohnerverzeichnis von 1634 findet sich ein Eintrag „Sattlerin Erben“ als Hausbesitzer. „Sattlerin“ kann doch nur die „Witwe des Sattlers Reichmann“ bedeuten. Nach allem, was wir wissen, kommen als die „Erben“ dann wohl die beiden Töchter in Betracht, die jetzt im elterlichen Haus wohnen, sofern sie die Pest überlebt haben. Möglicherweise gehört auch Wilhelm Reichmann jr. dazu.
Dass der Valerius Reichmann zu den Erben der Sattlerin gehören könnte, ist unwahrscheinlich, jedenfalls, was das Wohnen im elterlichen Haus anbetrifft. Er wird nämlich unter seinem vollen Namen gesondert im Einwohnerverzeichnis von 1634 aufgeführt. Das heißt also, er hatte ein eigenes Haus, wo immer auch dieses gestanden hat. Die Story geht mit seinem Sohn Johann Daniel Reichmann weiter, der dann auf der Laaspherhütte wohnte.
Alles fing mit einem gewissen Wilhelm Reichmann an. Dieser ist als Stammvater der Reichmanns in Laasphe anzusehen. Am 21.03.1588 wollte er, von Frohnhausen bei Dillenburg kommend, nach Laasphe heiraten, und zwar eine gewisse Lucia Rodigk. Das war damals nicht so einfach. Es bestanden ja noch das Lehnswesen und die Leibeigenschaft. Aber es gelang ihm, aus der Leibeigenschaft entlassen zu werden.
Nun fragt man sich, was ihn bewogen haben mag, ausgerechnet nach Laasphe zu heiraten. Von Dillenburg nach Laasphe zu reisen war damals wohl eine Tagestour. Man mag vermuten, dass er seine Laaspher Braut wohl nicht allzu lange vorher gekannt hat und die Eltern jeweilig ein wenig nachgeholfen haben, wie es früher üblich war. Der Name „Reichmann“ lässt an sich aber aufmerken, deutet er doch darauf hin, dass die Familie nicht unbedingt aus ärmlichen Verhältnissen kam. (Auf der Laaspherhütte mutiert später der Name zu Richmann; dort gibt es heute noch ein „Richmanns-Haus“.) Man wird den Gedanken nicht los, dass es hierbei um den Grundsatz ging, dass sich Geld vom Geld angezogen fühlt.
Und damit kommen wir zum Schwiegervater des Wilhelm Reichmann mit dem Namen Valerius Rodigk. Offensichtlich war er – zumindest zunächst – ein angesehener Bürger. Aber auch angesehene Bürger können aktenkundig werden. Einmal – nämlich 1624 – musste er zehn Gulden und ein anderes Mal fünf Gulden Strafe zahlen, weil er – offensichtlich an der Beulenpest erkrankt – gegen die Hygiene-Vorschriften verstoßen hatte (Anm. 1). Bald darauf starb er. Geld aber war trotzdem vorhanden. Die Erben erhielten im folgenden Jahr nach der „Kellereirechnung“ (Anm. 2) bereits schon einmal fünf Gulden und zehn Alb Zinsen aus einem Kapital von 100 Gulden. Das Einwohnerverzeichnis vom 23.10.1634 führt ihn nicht mehr auf, sondern eine „Valary Rodigs Wittib“. Natürlich hatte er zuvor als wohlhabender Bürger ein Haus, das dann von der Witwe wohl weitergeführt wurde. Von seinen Kindern kennen wir eigentlich nur die Tochter Lucia, die unser Wilhelm Reichmann sich als Braut ausgewählt hatte. Nun bringt das Einwohnerverzeichnis von 1634 noch den Namen „Doctorin“. Nach Karl Hartnack ist diese wahrscheinlich die Witwe des ehemaligen geistlichen Inspektors Dr. Paul Crocius zu Laasphe. Sie hieß Sara, geb. Rodigk. Vermutlich war sie eine Schwester des Valerius Rodigk. Die Sippe derer von Rodigk ist offensichtlich von einiger Bedeutung in Laasphe gewesen.
Kommen wir nun noch einmal auf Wilhelm Reichmann zurück. Er war wohl Sattler von Beruf. Die Daten dazu sind spärlich. Obwohl die Kirchenbücher bereits 1583 in Laasphe eingeführt waren, liegt hierüber wenig vor. Es ist ja dann auch die Zeit des 30-jährigen Krieges (1618 – 1648) und eben auch die Zeit, in der in Laasphe die Pest grassierte, besonders 1623/4 und 1635/6. Seine Frau ist also die Lucia, geb. Rodigk. Wann sie geheiratet haben, wissen wir nicht. Jedenfalls haben sie einen Sohn, der auf den Namen Valerius getauft wird, und zwar am 25.09.1596. Dieses Datum ist merkwürdigerweise bekannt. Bei diesem Namen – ein römischer Kaiser hieß einmal so -, über den wir uns schon immer gewundert hatten, dürfte natürlich der Großvater Valerius Rodigk eine entscheidende Rolle gespielt haben. Nun wissen wir aus dem Strafregister, dass Wilhelm Reichmanns Witwe in 1624 mit einer Strafe von fünf Gulden belegt wurde, weil auch sie gegen die Vorschriften bei der Bekämpfung der Pest verstoßen hatte. Sie hatte nämlich eine erkrankte Tochter zusammen mit einer gesunden „auf den Karren“ gesetzt und letztere wieder zurück in die Stadt geschickt (Anm. 1). Also hatte Valerius Reichmann noch zwei Schwestern gehabt, und Wilhelm Reichmann war vorher verstorben, also vor 1624. Nun gibt es aber auch noch eine Meldung (Anm. 3), wonach ein gewisser Wilhelm Reichmann aus Laasphe im Jahre 1609 in das „Pädagogium“ (eine Art „Gymnasium“) in Herborn eingetreten ist. Dieses war der Universität Marburg angeschlossen. Für 1615 heißt es, er habe sich bei der Universität – offensichtlich Marburg – als Student eingeschrieben. Nach Lage der Dinge kann er nur ein weiterer Sohn des Stammvaters Wilhelm Reichmann gewesen sein. Mit 16 Jahren konnte man damals studieren, also war er vermutlich um 1600 geboren. Wenn man um diese Zeit studieren wollte, musste man normalerweise aus einer vermögenden Familie stammen. Jedenfalls hatte Valerius Reichmann, um den es geht, außer den beiden Schwestern auch noch mindestens einen Bruder. (Es werden übrigens auch noch mindestens zwei „Sprösslinge“ der Familie Rodigk aus dieser Zeit auf dem Pädagogium bzw. der Universität registriert.)
Lucia Reichmann, geb. Rodigk hatte ein schweres Leben. Im Jahre 1609 wurde sie beschuldigt ein Hexe zu sein. Es kommt zu einem Hexenprozess vor dem „Halsgericht“ in Laasphe. Eine andere Hexe hatte sie unter der Folter als Mittäterin angegeben (Anm. 4, 5 und 6). Lediglich aufgrund eines Gutachtens des hochgeachteten Professors und Advokaten Hermann Vultejus aus Marburg wurde sie freigelassen. (Die erwähnte „Hexe“ wurde übrigens zum Tode verurteilt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Und so etwas geschah noch 1609 in Laasphe und im seit 1555 evangelischen Wittgenstein!) Lucia Reichmann ist wohl jedenfalls vor 1634 verstorben, denn im Einwohnerverzeichnis von 1634 findet sich ein Eintrag „Sattlerin Erben“ als Hausbesitzer. „Sattlerin“ kann doch nur die „Witwe des Sattlers Reichmann“ bedeuten. Nach allem, was wir wissen, kommen als die „Erben“ dann wohl die beiden Töchter in Betracht, die jetzt im elterlichen Haus wohnen, sofern sie die Pest überlebt haben. Möglicherweise gehört auch Wilhelm Reichmann jr. dazu.
Dass der Valerius Reichmann zu den Erben der Sattlerin gehören könnte, ist unwahrscheinlich, jedenfalls, was das Wohnen im elterlichen Haus anbetrifft. Er wird nämlich unter seinem vollen Namen gesondert im Einwohnerverzeichnis von 1634 aufgeführt. Das heißt also, er hatte ein eigenes Haus, wo immer auch dieses gestanden hat. Die Story geht mit seinem Sohn Johann Daniel Reichmann weiter, der dann auf der Laaspherhütte wohnte.
Damit wollen wir das Kapitel der Reichmanns in Laasphe schließen.
Anm. 1: „Wittgenstein“, Heft 2, 2000, S. 60
Anm. 2: Die „Kellereirechnung“ war ein Verzeichnis der „hoheitlichen“ Einnahmen aus
Abgaben von Feldfrüchten und Vieh; offensichtlich bestand für Valerius
Rodigk ein Guthaben. Dass vermögende Bürger der Hofhaltung des
Reichsgrafen Geld liehen, kam gelegentlich vor.
Anm. 3: Karl Hartnack „Das schöne Wittgenstein“, Jhrg. 1939, Heft 10, S. 78
Anm. 4: H. Müller „Das Hexenwesen“ in „Das schöne Wittgenstein“, Jhrg. 1938, Nr. 12
Anm. 5: Werner Wied „Die Feudinger Hexenprozesse“, Dorfbuch Feudingen, S. 559 ff.
Anm. 6: G. Bauer „Wittgenstein“, 1956, S. 58 ff.
Labels: geschichte, laaspherhütte, roths-haus
1 Kommentare:
Guten Tag,
ich bin gerade auf Ihre so außergewöhnlich fundierte und detailreiche Darstellung zur Laaspherhütte gestoßen. Da ich ebenfalls zu verschiedenen Familien in Wittgenstein forsche, würde ich gerne Kontakt zu Ihnen aufnehmen. Paul Crocius war z.B. Pate in meiner Familie (Schütz) und ich hätte ein paar Fragen zu den frühen Wunderlichs. Könnten Sie mir eine Email schreiben an: trautchen45@gmx.net ?
Vielen Dank, S. Hoppe
Kommentar veröffentlichen
Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]
<< Startseite